Ehemalige Poliklinik Ost, hier starben viele Kinder!!!
1888 gründeten zwei Ärzte aus Leipzig eine Kinderklinik. 1891 wurde das Krankenhaus eingeweiht.
Die erweiterung war Anfang des 20 Jhd. Davor bestand das Haus aus einem Aufnahmehaus, Haupthaus für nicht infizierte Patienten, Isoliergebäude, Wirtschaftsgebäude und Küche. Auch ein Waschhaus gab es und auch ein Desinfektionshaus.
Unter dem Naziregime richtete der damalige Rektor Werner Catel ein Kinderfachabteil ein, die unter einem Vorwand Forschung für Kinder lief.
Kartell war einer der drei Gutachter, der von dem ganzen Deutschen Reich beauftragt wurde
anhand der Aktenauflage über Leben und Tod für behinderte Kinder zu
entscheiden.
Nach der Zerstörung der Kinderklinik in der Oststraße wurde die Abteilung in der als Ausweichkrankenhaus genutzten Heilanstalt Leipzig-Dösen bis 1945 weitergeführt.
4. Dez. 1943 wurde die Klinik
schwer bei einem Bombenanschlag verwüstet und nach dem Krieg neu
errichtet. Bereits bei seiner Eröffnung verfügte das Kinderkrankenhaus
über eine chirurgische Kinderabteilung. Am 1. Oktober 1958 entstand aus
dieser eine selbständige Klinik und Ambulanz für Kinderchirurgie an der
Universität Leipzig.
Als der nach Bessaus
Weggang kommissarisch eingesetzte und wegen seiner jüdischen Herkunft
zunehmend angefeindete Direktor der Leipziger Kinderklinik, Siegfried
Rosenbaum, im April 1933 aus dem Dienst gedrängt wurde, erhielt Catel
die Berufung nach Leipzig. Nun war er Professor für Kinderheilkunde an
der Universität Leipzig und bis 1946 Direktor der
Universitätskinderklinik Leipzig.
Der NSDAP trat Cartel
am 1. Mai 1937 bei. Dieser „späte“ Eintritt wurde mitunter zu seiner
Entschuldigung verwendet, er sei kein Nationalsozialist gewesen.
Tatsächlich war dieser Zeitpunkt nach einer 1933 verhängten
Aufnahmesperre für Catel die erste Möglichkeit, NSDAP-Mitglied zu werden.
Dort
tötete er Kinder, die er für hoffnungslos behindert hielt
(„lebensunwertes Leben“), nach dem „Luminal-Schema“ von Hermann Paul Nitsche oder mit Scopolamin.
Er war einer der drei T4-Gutachter, die über Leben oder Tod der von den Gesundheitsämtern des Reiches gemeldeten behinderten Kinder entschied. Nach der Zerstörung der Kinderklinik Oststraße am 4. Dezember 1943 belegte Catel unter anderem ein Gebäude in Klinga bei Leipzig.
„Sonderzuwendungen“ des Reichsausschusses, die für Tötung von Kindern ausgezahlt worden sind – auch an die Schwester Isolde Heinzel, seine spätere zweite Ehefrau, belegen für das Jahr 1944, dass die Kinderfachabteilung – und somit die „Euthanasie“ – in der Ausweichstelle Leipzig-Dösen weitergeführt wurde.
1945 erfolgte die Vernichtung aller Akten, daher sind Zahlen schwer rekonstruierbar. Catel
war bewusst, dass seine „Arbeit“ Teil des rassistischen Konzeptes der
Nationalsozialisten war: 1945 gab er Anweisung, die rassistischen und
zum Teil direkt antisemitischen Kapitel aus allen Exemplaren, derer man
habhaft werden konnte, des von ihm herausgegebenen Standardwerkes für
die Ausbildung zu Säuglingspflegerinnen und Kinderkrankenschwestern,
„Die Pflege des gesunden und kranken Kindes“, herauszutrennen. Es kann nachgewiesen werden, dass er sogar die Absicht hatte, die im Bestand der Deutschen Bücherei Leipzig befindlichen Exemplare zu säubern.
Nachweise
über „Sonderzuwendungen“ des Reichsausschusses sowie
Zeitzeugen-Aussagen belegen jedoch seine Schuld. Gegenwärtig muss von
mindestens 500 in Leipzig getöteten Kindern ausgegangen werden.
Zu Catels Mitarbeitern an seiner Klinik gehörten neben Erich Häßler auch die Kinderärzte Friedrich Hartmut Dost, Johannes Oehme
(1954 Dozent in Leipzig, 1956 Oberarzt in Marburg und 1961 Professor in
Braunschweig), Lothar Weingärtner (1958 Lehrstuhlinhaber in Halle),
Hans Christoph Hempel
(1960 Habilitation in Leipzig, dann Chefarzt in Chemnitz) und Siegfried
Liebe (1954 Professor in Erfurt, danach Direktor der
Universitäts-Kinderklinik in Leipzig).
1946 verließ Catel
Leipzig, wurde 1947 in Wiesbaden im Spruchkammerverfahren als
„unbelastet“ eingestuft und 1949 in Hamburg vom
Entnazifizierungsausschuss entlastet. Bis 1954 leitete er die
Tuberkulose-Kinderheilstätte Mammolshöhe
in der Nähe von Königstein im Taunus.
Hier unternahm er an tuberkulosekranken Kindern und jungen Erwachsenen ein Experiment mit dem nicht zugelassenen Präparat TB I 698 (Thiosemicarbazone) sowie ein Ernährungsexperiment mit geringen Vitamin-C-Gaben. Dabei kam es zu mindestens vier Todesfällen.
1954 wurde Catel
Professor für Kinderheilkunde an der Universität Kiel. Die Tötung
unheilbar behinderter Kinder hat er gerechtfertigt und jede Schuld
geleugnet. Im Stasi-Archiv wurden inzwischen Briefe von Catel gefunden, die seine Tätigkeit bei der Euthanasie belegen.
Noch
1964 behauptete er, dass es jedes Jahr fast 2000 „voll idiotische“
Kinder gebe, die wegen ihrer Fehlbildungen oder Behinderungen getötet
werden sollten, und bezeichnete sie zudem als „Monstren“. Aufgrund
des öffentlichen Drucks wurde er 1960 vorzeitig emeritiert.
Nach seinem Tod vermachte er sein Vermögen der Universität Kiel mit der Bedingung, eine „Werner-Catel-Stiftung“
für experimentelle und naturwissenschaftliche Forschung zu gründen.
Erst nach massivem Protest seitens der Studierenden und öffentlichem
Druck hat die Universität drei Jahre nach seinem Tod dieses Ansinnen
abgelehnt.
Die Universität hatte noch in ihrer Todesanzeige im Jahr 1981 geschrieben, Catel habe „in vielfältiger Weise zum Wohle kranker Kinder beigetragen“. Lange wurde universitätsintern darüber diskutiert, wie mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Catels umgegangen werden sollte.
Es kam wiederholt zu Protesten wegen seines Porträts, das unkommentiert in einem Flur der Kinderklinik in Kiel hing. Am 14. November 2006 einigte sich der Senat schließlich auf einen erklärenden, kritischen Text, der dem Bild seitdem beigestellt ist.
Nach Catel ist das Catel-Manzke-Syndrom benannt.
2007 wurde die alte Klinik geschlossen und in der Nachbarschaft eine neue zu bauen. Seit diesem
Zeitpunkt steht sie leer.
Der beeindruckende Hauptbau
und weitere Teile des ehemaligen Kinderkrankenhauses standen lange Zeit
leer. Rücksichtlose Schrott- und Kabeldiebe haben deutliche Spuren im
Lost Place hinterlassen.
Mittlerweile wurde auf dem Gelände teilweise schon aufwendig saniert und das Gelände wird einer neuen Nutzung zugeführt.
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