Almeister Crowley
Kindheit
und Jugend:
In dieser
durch äußerste Sittenstrenge gekennzeichneten Umgebung wuchs der kleine „Alick“
Crowley auf.
Regelmäßig nahm er an Bibellesungen im Familienkreis und auch an
den Missionsreisen seines Vaters teil und nahm dessen apokalyptisches Weltbild
in sich auf, das ihn bis an sein Lebensende prägen sollte. Er hegte eine
Vorliebe für die prophetischen Schriften des Alten und Neuen Testaments,
insbesondere die Offenbarung des Johannes. In letzterer Schrift beeindruckten
ihn vor allem das aus der Erde aufsteigende Tier mit zwei Hörnern, „das redete
wie ein Drache“ (Offb. 13,11 Luth), und „die Frau, bekleidet mit Purpur
und Scharlach“. Mit Beginn der Pubertät begann Crowley sich gegen die strenge
Religiosität seiner Familie aufzulehnen. Seine Mutter gab ihn 1888 als
13-Jährigen in das darbystische Internat School for the Sons of Brethren
in Cambridge, wo er unter den gewalttätigen Erziehungsmethoden seiner Lehrer
litt.
Hinwendung zum Okkultismus:
Im
Oktober 1895 begann er ein Studium der Geisteswissenschaften am Trinity College
der Universität Cambridge. Im 23. Lebensjahr hatte er seine erste homosexuelle
Beziehung mit einem Kommilitonen. Auch ging er häufig zu Prostituierten, was
ihm zunächst eine Infektion mit Gonorrhoe und später mit Syphilis einbrachte. Seine Mutter bezeichnete ihn als
Antichrist und beschimpfte ihn schon früh als „Beast“ („Bestie“), das heißt,
sie verglich ihn mit dem großen Tier aus der Johannesapokalypse, dessen Zahl
666 ist, ein Titel, den er seinem Charakter entsprechend gerne für sich
beanspruchte, da ihm der Satan-Teufel nicht unsympathisch war. In der
Silvesternacht 1896 identifizierte sich Crowley in Stockholm so stark mit
dieser Figur, dass er beschloss, sich der Magie zu widmen. 1896 brach er sein Studium ohne Abschluss
ab und begann sich fortan keltisierend Aleister
zu nennen.
Ehe mit Rose Kelly:
Am 11.
August 1903 traf Crowley die verwitwete Rose Edith Kelly, geschiedene Skerrit.
Sie war eine Tochter von Frederick Festus Kelly, dem Vikar von Camberwell, und
die Schwester seines engen Freundes, des Malers Gerald F. Kelly (1879–1972) und
späteren Präsidenten der Kunstakademie. Von ihrer Familie wurde sie bedrängt,
wieder zu heiraten; eine Eheschließung war bereits avisiert. Crowley wollte
Rose aus dieser Situation befreien und machte ihr bei ihrer ersten Begegnung
einen Heiratsantrag. Während der Hochzeitsreise führten die Eheleute am 8.
Februar 1904 in Kairo eine Geisterbeschwörung durch, während der Rose in Trance
ihren Gatten aufforderte, einen Gott anzurufen, den sie auf einer bemalten Holzstele
im ehemaligen Boulak-Museum als Horus erkannt haben wollte. Es handelte sich um
die etwa 650 v. Chr. gefertigte Stele des Anchefenchons, die sich heute im Ägyptischen
Nationalmuseum befindet. Das Bild stellt den Hohepriester Anchefenchons als
Künder von Month dar, der vor dem auf einem Thron sitzenden Horus in der
Gestalt des falkenköpfigen Re-Harachte steht. Die Stele trug die Nummer 666,
was Crowley als Omen wertete, da er sich mit der Zahl 666, der Zahl des Tieres
in der Offenbarung des Johannes.
1908
wurde Crowley von Hauptmann John Frederick Charles Fuller mit dem 25-jährigen Victor
Benjamin Neuburg bekannt gemacht, der sich mit Spiritismus beschäftigte.
Crowley gab Neuburg Unterricht in Magie und weihte ihn in homosexuelle
Praktiken ein, die durch sadomasochistische Elemente gekennzeichnet waren.
Magische und sexualmagische Operationen:
Er
begann mit dessen zweiter Ehefrau, der englischen Sängerin Ratan Devi
(eigentlich Alice Richardson), ein Verhältnis und vollzog mit ihr diverse
sexualmagische Operationen, woraufhin sie schwanger wurde, das Kind allerdings
verlor. In der Folge unterstellte Crowley Coomaraswamy, seine Frau mutwillig zu
einer langen Schiffsreise gezwungen zu haben, um eine Fehlgeburt hervorzurufen,
wobei er ihn mit rassistischem Unterton beleidigte.
Dazu
zelebrierte er im Juni 1916 ein schwarzmagisches Ritual, um die Überreste des vorangegangenen
Äons zu beseitigen und dessen Sterbenden Gott zu bannen.
Sizilienaufenthalt (1920–1923)
Crowley
und Hirsig beschlossen, ein europäisches Zentrum zu gründen, um von dort die Thelema
Lehre zu propagieren. 1920 siedelten sie ins sizilianische Cefalù über, wo
Crowley die Abtei Thelema gründete. Innerhalb der Abtei mussten sich die
Männer die Köpfe bis auf eine Phalluslocke kahl scheren, denn die Stirnlocke
galt als Symbol für die magische Kraft des Horus oder die Hörner des Pan. Die
Frauen trugen hellblaue, purpurgesäumte, lose fließende Roben mit Kapuze und
hatten sich die Haare rot oder golden zu färben, was als Symbol der „Frau in
Scharlach“ galt. Das Lesen von Zeitungen war verboten. Jeder hatte ein
magisches Tagebuch zu führen, das Crowley zur Kontrolle vorzulegen war.
Der seit Jahren heroin- und kokainsüchtige Crowley konsumierte täglich durchschnittlich drei Gran Heroin. Mehrere Entzugsversuche scheiterten. Deshalb verließ er 1922 vorübergehend die Abtei, um sich zum Zweck des Heroinentzugs nach Fontainebleau nahe Paris zu begeben. Die Entwöhnungskur scheiterte jedoch, und er blieb bis zu seinem Tode.
Letzte Jahre in England (1932–1947):
1932
kehrte Crowley aus Deutschland nach England zurück, wo er bis zu seinem Tode
blieb. Seine Gesundheit war durch den beständigen Drogenkonsum zerrüttet.
1937
lernte er Frieda Harris kennen, mit ihr entwickelte er das Tarotblatt „Thoth-Tarot“:
Dabei bezogen sie sich auf Arbeiten Éliphas Lévis, der eine Verbindung zwischen
Tarot und dem Baum des Lebens der hermetischen Kabbala hergestellt hatte.
Crowley
starb vereinsamt am 1. Dezember 1947 in Hastings (Sussex) in der Pension Netherwoods
mit 72 Jahren an Herzmuskelschwäche. Seine letzten Worte waren „I’m
perplexed“ (‚Ich bin verwirrt‘).
Magisches System:
In
seinem magischen System verband Crowley östliche und westliche Einflüsse. Seine
kabbalistischen und magischen Schriften sind eine Mischung aus
jüdisch-christlicher Kabbala in der Tradition des Golden Dawn mit seinem
Buch des Gesetzes. Das Buch des Gesetzes möchte alle Religionen
hinter sich lassen. Er erfand zahlreiche „tantrische“ Rituale und nannte sich
in Anlehnung an die biblische Apokalypse in der Offenbarung des Johannes: „The
Great Beast 666“. Das Ziel seiner Magie bestand in der Weiterentwicklung des
Individuums, wobei er die Ansicht vertrat, das Selbst bringe erst das wahre
Wesen des Menschen hervor.
Über
seine magischen Fähigkeiten, mit denen er keine Wunder vollbringen, aber
geistige Krisen verursachen könne, äußerte er sich zwiespältig: „Mag sein, dass
ich ein schwarzer Magier bin, aber auf jeden Fall bin ich ein verdammt guter
Magier.“ Crowleys Erscheinung sei ehrfurchtgebietend oder furchterregend
gewesen: Er trug sonderbare Kleidung und Ringe, eine Glatze, habe ein fettes,
feminines Gesicht und einen starren, kalten Blick gehabt und soll einen
süßlich-ekelerregenden Geruch abgesondert haben, der von einer Sex-Appell-Salbe
herrührte, mit der er sich mit der Absicht einzureiben pflegte, seine
Anziehungskraft auf Frauen zu steigern. Crowley pflegte zwei seiner Zähne spitz
zu feilen und Frauen den „Schlangenkuss“ zu geben, indem er sie ins Handgelenk
biss.
Sexualmagie und rituelle Opfer:
Die Eichel
des Penis entspricht bei Crowley der Form des Gehirns. Wie alle sexualmagischen
Gnostiker (Sperma-Gnostiker) sah Crowley das Zentrum des menschlich/göttlichen
Schicksals im Sperma, dessen Verzehr zu magischen Zwecken als Lehre des achten
Grades in Crowleys O.T.O. verankert ist. In den fortgeschrittenen
Einweihungsstufen des O.T.O hat der Adept, um Macht oder Zugang in höhere
geistige Sphären zu erlangen, etwa auf das Sigel eines Dämonen zu masturbieren oder
über das Bild eines Phallus zu meditieren; im neunten Grad muss er nach
vollzogenem Koitus Sexualsekrete und das eigene Sperma aus der Vagina seiner
Partnerin saugen, im Mund behalten und anschließend auf ein Sigel schmieren. Im
stark homosexuell ausgerichteten elften Grad spielen statt der
Vaginalflüssigkeit Blut und Exkremente, die beim Analverkehr hervorgebracht
werden, eine zentrale Rolle.
Während
der sexualmagischen Handlungen wurde unter anderem auch Tierblut getrunken.
Crowleys
Adeptinnen Mary Franeis Butts und Cecil Mailand wurden in der Abtei unter
anderem Zeuginnen einer sexualmagischen Schaustellung, bei der die
„Scharlachfrau“ Leah Hirsig angeblich mit einem Ziegenbock kopulierte.
Unmittelbar nach dem Akt schnitt Crowley dem Tier die Kehle durch, worauf das
Blut über Hirsigs Rücken strömte. Seine jeweiligen Geliebten setzte er mit der Vagina
gleich, deren restlicher Körper nur der Verzierung diente.
Satanistische Gemeinschaften:
Die
explizit satanistischen Gemeinschaften wie die von Anton Szandor LaVey gegründete
First Church of Satan und der Temple of Set erkennen Crowley als
geistigen Wegbereiter des Satanismus und ihrer Lehrinhalte an, sehen jedoch
sein Buch des Gesetzes (Liber Al vel Legis) nicht als
verbindliche heilige Grundlage an. Das von Crowley ausgerufene neue Zeitalter,
das Äon des Horus, erklären beide Gruppen für beendet. Laut der Church
of Satan wurde es 1966 vom Äon of Satan abgelöst. Der Temple of
Set spricht stattdessen vom beginnenden Äon des Seth. Aus dem von
Crowley bis zu seinem Tod geleiteten OTO entwickelten sich in den USA einige
Ableger, die sich als satanistisch betrachten oder verstanden.
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